Selbst und ständig – arbeitssüchtig? + Edit
 Bei mir ist gerade Hochsaison, da wird von meinen Kunden so ein
 verlängertes Wochenende gerne mal für Umstellungen benutzt, daher
 blieb von dem Wochenende leider nicht ganz sooo viel übrig. Zudem
 hab ich noch bis Montag Rufbereitschaft für einen Kunden im arabischen
 Raum, d.h. die arbeiten morgen am Sonntag. So gesehen trifft der
 Spruch mit dem „selbst und ständig“ bei Selbstständigen Unternehmern
 gerade voll auf mich zu *grins*
 So manches Thema in den anderen Tagebüchern finde ich super spannend,
 rabi hatte erst etwas zum Thema „arbeitssüchtig“, leider hatte ich
 bisher keine Zeit da einen Kommentar zu schreiben. Aber ich habe mir
 natürlich Gedanken drüber gemacht, bin ich „arbeitssüchtig“? Nein,
 denke ich nicht! Zu dem Thema fallen mir gerade folgende Dinge ein:
 1. Man muss arbeiten gehen um das verdiente Geld dann wieder ausgeben
 zu können. Den Punkt übersieht man manchmal, das ist ein von Menschen
 geschaffenes System. Da kommt mir als Stichwort immer sofort „Öff! Öff!“
 in Erinnerung. Irgendwie schon komisch, das man in unserer Gesellschaft
 z.B. zwingend ein Bankkonto haben muss, selbst wenn man kompletter
 Selbstversorger ist. Wenn ich ehrlich bin so ein bischen Bewunderung hab
 ich schon für solche Menschen, gerade jetzt und gerade weil meine eigene
 Lebenswirklichkeit so komplett anderes abläuft.
 2. Was ich besonders schlimm finde, wenn Menschen irgendeine Arbeit
 machen müssen, die ihnen vielleicht nicht mal gefällt. Aber um eben
 einfach durchzukommen müssen die Leute eben jede Arbeit annehmen, egal
 was. Ich persönlich habe zu meiner Arbeit einen ganz anderen Bezug,
 im Prinzip mache ich heute nichts anderes, was ich nicht auch schon als
 Schüler oder Student gemacht habe. Am Computer „rumspielen“, der einzige
 Unterschied zu früher, heute verschicke ich am Monatsende eine Rechnung.
 Und auch über die Arbeitsbedingungen kann ich nicht klagen, einige
 Projekte kann ich vom Bett aus machen *grins*. 
 3. So gesehen fühle ich mich auch nicht arbeitssüchtig, es gibt ja auch
 Zeiten in denen nicht sooo viel los ist. Da fahre ich ja dann schon mal
 während der typischen Bürozeiten ins schwedische Möbelhaus, oder nehme
 mir mal einen halben Tag um an meinem Aquarium rumzuspielen. Nur im
 Moment heisst es eben durchhalten. Meine Arbeit ist auch nicht besonders
 stressig, eigentlich läuft alles total ruhig ab. Was zur Zeit eher
 fehlt sind längere Erholungsphasen zum abschalten, also mal mehrere Tage
 hintereinander keine Arbeitsthemen im Kopf haben, das gibt es eben zur
 Zeit nicht.
 Zu selbst und ständig noch ein paar Punkte aus den letzten Tagen.
 Was mich gleichzeitig erschreckt aber auch ein Stück stolz macht ist meine
 Firma. Es läuft! Aber es wird härter, sprich ich muss viel genauer rechnen
 und wirtschaften. Ich hab ja im Prinzip nur eine kleine Ein-Mann-Firma,
 aber trotzdem benötige ich inzwischen über 10.000 Euro monatliche Einnahmen
 um die Ausgaben decken zu können. Da fällt dann selbst mir die Kinnlade
 runter. Letzten Monaten hatten wir tatsächlich für einen Tag mal einen
 negativen Betrag von 1.000 Euro auf dem Firmenkonto, war ebenfalls das
 erste Mal 🙂
 Dann kam noch Post vom Finanzamt, ich werde bilanzierungspflichtig *grins*.
 Eigentlich toll, ich hab schon den Anspruch eine ordentliche Firma zu
 führen, keinen Saftladen und keine Firma um halt so ein bischen notgedrungen
 über die Runden zu kommen, aber auch kein Weltunternehmen. Klein aber
 fein eben. Inzwischen hat mein jährlicher Gewinn also die Grenze für
 die Bilanzierungspflicht überschritten, deshalb eigentlich gute Sache.
 Auf der anderen Seite, bedeutet es im Prinzip nur, daß mein Steuerberater
 etwas mehr Aufwand mit mir hat, sprich die Steuerberater-Rechnung wird noch
 etwas höher ausfallen. 
 Insgesamt bin ich die letzten Wochen etwas nervöser als sonst, aber meine
 Strategie geht da echt gut auf – Achtsamkeit + Sport + Ernährung, ich
 fühle mich super wohl, trotz Arbeit…
 Meine „Werte“ von heute->
 Übersteuerung: 1
 Hypoaktivität: 1
 Libido: 1
 Nervosität: 5
 Schritte: 5.270
  —————————–
 
  Feedback zu den Kommentaren (03.11.2013):
 
  ui, soviele Fragen und Kommentare, ich antworte deshalb mal direkt in
 
  meinem Eintrag, da hab ich mehr Platz dafür.
 
  „Rufbereitschaft für einen Kunden im arabischen Raum“ = Was heißt das konkret?
 
  Das bedeutet zunächst nur das ich per Telefon erreichbar sein muss, falls
 
  dann tatsächlich ein Anruf kommt müsste ich sehr schnell an meinen Computer
 
  und mich mit dem System des Kunden verbinden um das jeweilige Problem zu
 
  lösen. Ich mache dort nur den 3rd-Level-Support, d.h. zunächst würde sich der
 
  Kunde bei Problemen an den 1st-Level-Support auf den Philippinen wenden.
 
  Danach wird das Problem technisch vom 2rd-Level-Support bearbeitet und erst
 
  wenn der nicht weiterkommt würden die Leute sich an mich wenden. Die 
 
  Schwierigkeit bei dem Kunden ist der geringe Know-How-Stand Vor-Ort, 
 
  gleichzeitig ist das Team mehr oder weniger über die Welt verstreut. Sowas
 
  verursacht dann gerne mal Stress wenn es hart auf hart kommt, dann soll ich
 
  mich nämlich technisch um die Triage kümmern, gleichzeitig aber mit dem
 
  Kunden kommunizieren. Mit dem Jet mal eben schnell nach Dubai fliegen,
 
  könnte schon auch passieren, bei solchen Aktionen hält sich der Spassfaktor
 
  aber dann extrem in Grenzen, da ist man dann nämlich nur noch am rotieren
 
  und in den vielleicht drei Tagen wo man dann in so einem Land wäre sieht man
 
  wirklich garnix von dem Land an sich.
 
  Was bedeutet „Öff! Öff!“?
 
  Das ist ein Künstlername eines Aussteigers / Selbstversorgers hier in
 
  Deutschland. Über den gab es schon mehrmals Dokumentationen im TV. 
 
  http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Wagner_(Aussteiger)
 
  Zu Intelligenz und Berufswahl
 
  Ich vermute das beides wichtig ist. Eine gewisse Begabung ist wichtig, die
 
  sogenannten „Soft Skills“ gehören aber genauso mit dazu. Leute die sich
 
  für einen bestimmten Beruf entscheiden, nur weil er gesellschaftlich gut
 
  angesehen ist, haben aus meiner Sicht oftmals völlig falsche Vorstellungen
 
  was den jeweiligen Beruf angeht. Ich hab es schon öfter erlebt das sich
 
  Hauptschüler mit unterirdischen Mathe-Noten bei IT-Firmen als Spiele-
 
  Programmierer bewerben. Mal abgesehen davon, daß die Firmen überhaupt keine
 
  Spiele entwickeln, braucht man für die Entwicklung von Computerspielen
 
  meist sehr viel Mathe. Also wer in der Schule schon mit den Vektoren
 
  zu kämpfen hatte, der hat dann sicherlich mit modernen Raytracing-Algorithmen
 
  viel Freude :-). Neben der rein fachlichen Kompetenz ist es aber zumindest
 
  in meinem Beruf sehr wichtig das man mit anderen Menschen umgehen kann.
 
  Projekte haben eben immer auch etwas mit Menschen zu tun.
 
  Achtsamkeit
 
  Bei dem Text musste ich doch sehr schmunzeln. Jo, so zu einem gewissen
 
  Teil trifft es die Sache natürlich schon auf den Punkt, so gesehen ist die
 
  Kritik voll berechtigt. Wir sind wohl doch zu einer Hype-Gesellschaft
 
  geworden, die ständig einen neuen Modebegriff durchs Dorf treibt. 
 
  Interessant ist aber das was sich hinter Achtsamkeit verbirgt. Da ist ja
 
  nichts wirklich neu, im Prinzip ist es eine Kombination von Dingen die es
 
  schon immer gab. Mir geht es aber darum, solche Konzepte langfristig zu
 
  verfolgen und es eben nicht bei der reinen Absicht oder Worthülen zu
 
  belassen. Ist wohl ähnlich wie mit den vielen Mode-Diäten, da gibts auch
 
  jedes Jahr etwas neues, keiner ist aber offenbar bereit langfristig und
 
  dauerhaft auf seine Ernährung zu achten. Was unterm Strich bleibt ist doch
 
  das Bedürfnis vieler Menschen etwas Abstand zum Alltag zu finden, welche
 
  Methode man da nun wählt ist vermutlich vollkommen egal, wichtig ist nur
 
  das man eben kontinuierlich am Ball bleibt – nachhaltig eben *grins + autsch*
 
  
 
