Nackenschmerzen, Beerdigung und Laufen

So, muss mich leider kurz fassen. Ich kämpfe seit zwei Wochen mit blöden Nackenschmerzen. Wenn ich mich bewege ist alles okey, aber sitzen ist ein Problem – insbesondere wenn ich am Computer arbeiten will. Vielleicht sollte ich doch noch eine Umschulung zum Profisportler in Erwägung ziehen *hust* *grins*. Im Schnelldurchlauf aber eine kleine Auswahl von Bildern und dem was in den letzten Wochen so passiert ist.

Zunächst ging es nochmals – ungeplant – in den Thüringer Wald, Kerstins Opa ist gestorben und so sind wir im Rahmen der Trauerfeier für ein Wochenende nach Thüringen. Auch dieses Mal lag unser Hotel sehr nah am Lutherweg, es gab sogar einen Lutherbrunnen mitten im Wald. Mutig wie wir sind, haben wir das Wasser sogar probiert:

Am Abreisetag haben wir noch eine kurze Erkundung zu einem Stausee gemacht, also die Gegend bietet genug Möglichkeiten für einige weitere Reisen dort hin:

Meinen 25-Kilometer-Lauf mit über 700 Höhenmeter hab ich super überstanden. Hat mächtig Spass gemacht. Schwäbisch Gmünd als Ausflugsziel kann ich ebenfalls sehr empfehlen. Kleine nette Stadt mit viel Natur aussen rum, auf dem Bild sieht man die Rems:

Die Gegend hat mir so gut gefallen, dass ich eine Woche nach dem Lauf nochmal mit Kerstin für einen Sonntagsspaziergang hingefahren bin. Der Alb-Marathon wäre insgesamt 50 Kilometer lang und führt über die sogenannten Drei-Kaiserberge. Mir hat der Halbmarathon über zwei der Berge (Hohenstaufen und Rechberg) voll und ganz gereicht. Auf dem Bild sieht man den Rechberg, oben auf dem Berg war dann auch das Ziel der 25-Kilometer-Strecke:

Bilck auf die Schwäbische Alb vom Rechberg aus, traumhaft schön!

So, mein Nacken ruft schon wieder, deshalb lieber kurze Tagebucheinträge, aber dafür wenn möglich wieder öfter. Insgesamt geht es mir persönlich – von den Nackenschmerzen abgesehen – super gut. Richtig tolle Stimmung habe ich leider trotzdem nicht. Kerstin geht es leider nicht wirklich gut, aber viele Dinge sind jetzt schon mal in Bewegung gebracht – da müssen wir jetzt sehen was daraus wird.

Es gibt immer eine Steigerung zu schlecht

Fühle mich in den letzten Wochen sehr gestresst, obwohl es nicht unmittelbar sonderlich viel stressiger als sonst ist. Ich komme nicht zur Ruhe, mir persönlich könnte es eigentlich nicht besser gehen. Aber das Unglück der Menschen um mich herum drängt sich dann eben doch ins eigene Leben.

Am Freitag ist Kerstins Opa gestorben. Wir hatten ihn auf unserer Urlaubstour im August noch im Pflegeheim besucht. Jetzt geht es am Wochenende schon wieder nach Thüringen – Trauerfeier. Abstimmung mit Kerstins Mutter und Hotel musste gefunden und gebucht werden.

Freitag dann trotzdem Besuch eines Musicals – Ablenkung. Samstag etwas Gartenarbeit, dann Fahrt ins schwedische Möbelhaus und weiter zu Kerstins Mutter. Sonntag Geburtstagsfeier von meinem Vater. Sonntagabend ging es für mich dann schon wieder ins Hotel.

Nächste schlechte Nachricht, mein Vater ist wohl seit Sonntagnacht im Krankenhaus, starkes Stechen in der Brust – schlechtes Zeichen. Bis jetzt wurde aber wohl noch nichts gefunden. Untersuchungen laufen noch – Scheisse…

Die Ruhe fehlt, wobei zuviel Ruhe auch schlecht sein kann. Mein Terminkalender im Oktober ist jedenfalls ziemlich voll.

Während die Leute um mich herum im Unglück versinken geh ich laufen, gestern 22 bergige Kilometer, war sehr anstrengend aber hat Spaß gemacht. Allerdings war ich danach ziemlich fertig… bin mal gespannt ob das mit 25 Kilometern und 700 Höhenmetern am 21. Oktober klappt – ohoh.

So jetzt trinke ich noch etwas Wasser, fahr ins Hotel, geh was Essen und danach in die Sauna. Danach fall ich wieder ins Bett und bin innerhalb von ein paar Sekunden weg…

Höhen und Tiefen im Alltag, Beinahe-Erste-Hilfe + Erste-Hilfe allgemein

Höhen und Tiefen im Alltag
Mir geht es – eigentlich – gerade megasuper, ich bin zwar bis Freitag unterwegs und von Kerstin getrennt. Aber ich arbeite in einer Urlaubsregion, quasi dort, wo andere für teures Geld ihre Ferien verbringen. Schönes Hotelzimmer, leckeres Essen, einen tollen See für das Lauftraining und Weinberge.

Am Montagvormittag kam der Anruf vom Kollegen, seine Mutter ist letzte Woche gestorben. Er hatte bei einem Essen schon mal erwähnt, dass es ihr nicht gut geht. Über 80 Jahre alt, lag sie mit einer starken Demenz im Pflegeheim. In den letzten Wochen ging es ihr wohl immer schlechter und mein Arbeitskollege hatte damit schon gerechnet. Ich war nur einer der Ersten, die er angerufen hat, weil er je nachdem wann Trauerfeier und Beerdigung stattfinden, Aufgaben an mich abgeben müsste. Sowas nimmt mich dann gerade mehr mit als es sollte, ich kannte seine Mutter nicht. Aber gefühlt erlebe ich eben mehr Leid und Tod in meinem Umfeld als früher. Ich war gerade bei einem Kunden im Einsatz, hab mir dann einen ruhigen Ort gesucht um mich ein paar Minuten ungestört mit ihm unterhalten zu können. Klar, er hat auch von Erlösung für seine Mutter gesprochen, es hat sich abgezeichnet, aber es ist eben trotzdem eine wuchtige Sache, wenn die eigene Mutter oder der Vater stirbt.

Mein alter Hausarzt hat letzte Woche überraschend seine Praxis, aus gesundheitlichen Gründen, aufgegeben – Nierenkrebs. Bei dem war ich viele Jahre, vor fünf Jahren oder so hab ich dann zu meiner jetztigen Hausärztin gewechselt. Er war ein Hausarzt der alten Schule, man sah in regelmäßig in der Straße bei Hausbesuchen. Auf der anderen Seite, war er im Ort bekannt dafür, dass er Antibiotika und andere Medikamente ziemlich schnell ohne größere Untersuchungen verschreibt.

Geht mir alles sehr nah und meine Nerven sind nicht die besten. Richtig gestresst fühle ich mich nicht, eher leicht angespannt und dauerbesorgt. Mir fehlt die Leichtigkeit.

Beinahe-Erste-Hilfe
Gleich am Montagabend gab es gleich die nächste Beinahe-Erste-Hilfe-Situation, ich war gerade bei meinem Lauftraining am See. Da höre ich das Fahrradgeräusch auf einem Kiesweg, einen kurzen Aufschrei und einen leichten Knall. Da war klar, da ist jetzt um die Ecke jemand vom Fahrrad gestürzt. Ein paar Meter weiter war es dann klar, einer der Teenager, an denen ich gerade vorbei gelaufen war, ist vom Rad geflogen. Handy in der Hand und Radfahren verträgt sich eben nicht. Problem, die Dame blieb auf dem Boden liegen und man hörte nur noch ein leises „Ah, Ah, Ah“. Angespannt wie ich gerade bin, war mein erster Gedanke: Wirbelsäule. Ein älteres Paar kam aus der anderen Richtung, mit ebenso ernstem Gesichtsausdruck, angelaufen. Ich hab erstmal sauber durchgeatmet und gedanklich schon mal den Notruf vorbereitet. War aber dann nix, als die Dame sah wie ernst wir alle gekuckt haben und ernsthaft besorgt gefragt haben, war sie sehr schnell wieder auf den Beinen.

Erste-Hilfe allgemein
rabi hatte mir vor ein paar Wochen das Buch „Erste Hilfe konkret für Ausbildung und Praxis: Schülerband“ (ISBN 978-3427920007) empfohlen. Vor ein paar Jahren hab ich mich für ein ähnliches Buch entschieden: „Erste Hilfe – das offizielle Handbuch: Sofortmaßnahmen bei Babys, Kindern und Erwachsenen“ (ISBN 978-3517082769). Auch ein paar meiner Lieblings-YouTube-Kanäle bringen ab und an was zu Erster-Hilfe, ist manchmal nicht schlecht, wenn man ein bestimmtes Thema auffrischen möchte. Aber Erste-Hilfe ist eine sehr sehr praktische Sache, man kann sich da tausend Mal die Bildersequenz ankucken und lesen wie man jemanden in die stabile Seitenlage bringt. Im Ernstfall wäre dieses theoretische Wissen dann aber plötzlich weg, da kommt die Aufregung und dann klappt nur noch das, was man praktisch regelmäßig übt. Man muss es wirklich praktisch machen… Deshalb wurde das Konzept für die Ersten Hilfe Kurse wohl überarbeitet, inzwischen gehen die Kurse nur noch über einen Tag und sind sehr praxisnah ausgelegt.

Und zum Schluss noch kurz zu meinem Bügelbrett und den Nachrichten von elfi und Kätzerin:
Ihr habt Recht, genau so eine umlaufende Schnur im Saum hatte ich erwartet, der alte Bezug mit Flecken hat genau so eine. Ich werde mir das am Wochenende nochmals ansehen, vielleicht war ich zu schnell genervt. Wenn nicht kucke ich mal bei Aldi (Danke für den Tipp) oder werde versuchen die Schnur vom alten Bezug in den Rundsaum vom neuen einzufädeln… dauert nur alles etwas, da ich erst wieder am Freitagabend daheim bin.

Die Probleme der Anderen – Krebs, Bevormundung, helfen oder bemitleiden

Ich bin nicht sicher ob ich das schon mal erwähnt habe, seit einiger Zeit habe ich ein kleines Tagebuch Problem. Mir persönlich geht es im Prinzip megagut, besser könnte es eigentlich nicht laufen. Ich geb es zu, ich hab aktuell nur so Luxusprobleme wie mein Marathontraining mit meiner Firma und den Projekten dort unter einen Hut zu bekommen. Aber leider ist das Glück gerade extrem ungleich verteilt. Um mich herum brechen da gerade Welten zusammen. Das lässt mich nicht kalt, ich möchte helfen! Nur helfen wollen, helfen können und die Gesamtsituation überfordern mich dann doch sehr. Diese Themen tendieren dazu, ihre gesamte Umgebung zu vereinnahmen. Nur ich habe keinen Brustkrebs und keine Depressionen, folglich fühlt es sich falsch an, wenn ich in meinem Tagebuch jetzt genau darüber schreiben würde. Ich muss da erst noch den passenden Kompromiss finden, keine Ahnung wo der liegen wird.

Die Unglücksserie von Kerstins Mutter setzt sich leider fort. Zuerst stirbt der Ehemann an Leukämie und keine zwei Wochen nach der Beerdigung begann ihre eigene Chemo wegen Brustkrebs. Nach der ersten Chemo + Bestrahlung und OP hat sie nun schon wieder Knoten in der Brust. Zudem Schmerzen und seit der ersten Chemo vermutlich ein Fatigue-Syndrom. Auf der einen Seite kann ich sie mehr als verstehen, noch so vielen aufeinanderfolgenden schlechten Dinge, sieht man die Welt einfach zunächst insgesamt negativ. Kerstins Mutter lebt sehr abgeschieden und isoliert, dabei geht zumindest ein Stück der Sinn für die Realität verloren. Ich hab da Verständnis dafür, gleichzeitig führt dies einfach immer wieder zu extrem heftigen Konflikten. Um ein Beispiel zu nennen, Kerstins Papa hatte einen Hausmeisterservice, der war wirklich das absolute Handwerker-Multitalent. Problem, Kerstins Mutter sitzt nun in einem großen Haus mit großem Garten und jeder Menge Dinge die laufend gewartet werden muss. Darunter z.B. ein selbstkonstruiertes Hauswasserwerk. Oder der Garten mit eigener Streuobstwiese und etlichen Metern Hecke. Nur Kerstin und ich können an dieser Stelle ihren Papa einfach nicht ersetzen. Zum einen haben wir nicht das handwerkliche Geschick, zum andern fehlt uns schlicht die Zeit. Anfangs haben wir versucht hin und wieder mit Rasenmähen und ein paar Arbeiten zu helfen. Zum einen haben wir das dann aber wohl nie gut genug gemacht und zum anderen war Kerstins Mutter nicht zu einem Kompromiss bereit, was die Zeit und die Planung angeht. An Kerstins letztem Geburtstag wollte sie dann ganz spontan ein großes Frühbeet mit Erde befüllen. Eigentlich wollten wir aber mit ihr gemeinsam Kerstins Geburtstag feiern.

Nächster Punkt, sie hat es schon gerne wenn Kerstin bei ihr ist. Nur Kerstin hält es dort in dem Haus maximal für ein paar Tage aus. Und wenn Kerstin dort ist, machen die beiden trotzdem nix gemeinsam. Kerstin würde gerne für sie kochen, will sie nicht. Die beiden essen nicht mal gemeinsam. Wirklich viel kann die Kerstin auch nicht helfen und sitzt dann mehr oder weniger nur rum.

Mein persönliches Problem damit, ich gebe zu, ich neige manchmal zu Bevormundungen. Was die Einstellung zu Ernährung und Gesundheit angeht, sind Kerstins Mutti und ich wie Feuer und Wasser. Nicht falsch verstehen, Gesundheit ist uns beiden wichtig. Wir sind nur nicht einer Meinung was „gesund“ ist und was nicht. Kerstins Mutti hält Bio-Produkte für „Verarsche“, wenn der Preis nicht zu teuer ist kauf ich gerne „Bio“, meist mehr wegen ökologischen Gründen (nicht alles was Bio ist, ist auch gesund). Kerstins Mutti haut nochmal zusätzlich Glutamat in den Kartoffelsalat, bei mir sind solche Zusatzstoffe Tabu (wenn möglich). Ich wäre da schon kompromiss bereit, bei mir muss niemand veganes Bio-Zeug essen, ich koche auch gerne Fisch oder Steaks. Nur ich hab eben ein kleines Problem damit, wenn ich sehe, dass jemand wieder zu kräften kommen muss, aber keine Lebensmittel mit ordentlich Nährstoffen zu sich nimmt. Wir grillen und sie ist nur verkohlte Grillfackeln. Hey, ich hab da suber Rinderfilets auf den Grill geworfen. Kompromiss hätte ja sein können, dass man eine Grillfackel und ein Stück Steak isst, aber nö…

Geht noch weiter, Thema Schlafen. Sie schläft nicht mehr im Ehebett, sondern im Wohnzimmer auf der Couch. Hab ich Verständnis dafür, im Prinzip hatte sie noch überhaupt keine Zeit und Ruhe zu trauern. Dazu läuft der Fernseher die gesamte Nacht auf voller Lautstärke. Nur so kann der Körper garnicht zu Kraft kommen. Kompromiss könnte sein, dass wir ihr ein ruhiges Schlafzimmer ohne Ehebett einrichten. Aber solche Gespräche werden sehr schnell geblockt, verstehe ich auch, weil man einer erwachsenen Frau einfach nicht vorschreibt wie und wo sie schläft. Gleichzeitig sitzen wir eben daneben und sehen die Folgen.

Mit dem Rauchen komme ich zum Schluss. Mir ist es zunächst egal ob Leute rauchen oder nicht. Wegen mir müssen auf den Verpackungen auch nicht unbedingt abschreckende Bilder kleben. Wenn ich das Häufchen Elend aber rauchend im Garten sitzen sehe, da kommt schon so eine gewisse Form von Wut in mir auf.

Nein, ich halte mich da aktuell sehr zurück. Entsprechende Vorschläge mache ich gerade keine, ich halte mich da sehr zurück. Nur die Frage ist, wo und wie könnte man ihr nun konkret helfen. Was können wir auch tatsächlich leisten und wo überfordern wir uns? Wir werden versuchen da professionelle Hilfe zu bekommen. Unser Problem ist da wieder, Kerstins Mutter lehnt an dieser Stelle Hilfe von Profis gerade komplett ab. Wegen dem zweiten Knoten sind keine Arzttermine geplant und sie möchte auch keine weitere Chemo machen. Eine persönliche Einladung zur Selbsthilfegruppe von Frauen mit Brustkrebs, abgeleht. Kommentar zum Vorschlag vom Arzt wegen psychoonkologischer Unterstützung: „Das hat mir gerade noch gefehlt, noch jemand der blöd an mich hinschwätzt!“. Auf der einen Seite hab ich sie damals bei dem Satz super gut verstanden, wäre mir vermutlich genauso gegangen. Nur inzwischen sehe ich eben auch, die Situation überfordert uns und das wird vermutlich eher noch schlimmer, nicht besser.

myTagebuch-Adventskalender, Tür 12: Ein ernstes Stöckchen

Seit gestern Abend bin ich nun schon wieder unterwegs… Die Stöckchen helfen, zumindest wirklich regelmäßig einen Eintrag hinzubekommen. Und bisher fand ich die Themen super, deckt sich mit meinen Gedanken. Die Türchen 11 und 12 vertausche ich aber jetzt einfach mal, das klappt in diesem Fall gedanklich leichter…

1.) Hast Du Angst vor dem Tod?
Puh, Angst ist ein schwieriges Wort. Klar igendwie schon. Tod ist eben eine sehr endgültige Sache und mein Thema ist das Leben. Klar hat das irgendwann mal ein Ende. Aber ich möchte natürlich schon so lange wie möglich uneingeschränkt leben können. Ich werde den Tod letztlich nicht aufhalten können, vielleicht ist es dann sogar eine Erlösung.

2.) Hast Du Angst vor dem Sterben?
Klar, ich glaube Sterben ist eine ziemlich harte Sache. Von dem was ich bisher weiss ist das meist garnicht sooo einfach. Wenn man wirklich kurz vor dem Tod steht, kann wohl nicht jeder Mensch sofort los lassen und sterben. Meine Oma hat sich da sehr lange gequält. Kerstins Papa konnte auch erst sterben, als alle wichtigen Leute direkt am Bett versammelt waren. Der hat also wirklich gewartet, bis alle da waren. Also kein schönes Thema, da hat wohl jeder Angst davor. Im Prinzip kann man nur hoffen, dass man in Würde sterben kann…

3.) Würdest Du der Sterbehilfe zustimmen, wenn sie in Deutschland erlaubt wäre?
Gut bestimmte Formen von Sterbehilfe sind in Deutschland ja durchaus erlaubt. Falls es bei der Frage darum geht, ob man Sterbehilfe selbst in Anspruch nehmen würde. Ja, das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Aber das käme dann wirklich auf den konkreten Fall an. Patientenverfügung habe ich aktuell noch keine, da tut sich gerade juristisch und bei den Formulierungen noch einiges. Zudem muss man sich mit dem Thema wohl schon sehr genau beschäftigt haben. Meine persönliche Erfahrung in diesem Jahr, die Medizin versucht heute nicht mehr Leben in egal welcher Situation zwanghaft zu verlängern. Gerade wenn es keine Aussicht auf Heilung gibt und erkennbar die Pre-Finale-Phase erreicht ist, wird auch nur noch palliativ behandelt. Da gibt man dann ein Schmerzmittel, aber quält die Menschen nicht noch mit Diagnostik oder Therapieversuchen.

4.) Hast Du schon einmal über Organspende nach gedacht?
Ja. Seit 2013 hab ich auch einen Organspendeausweis, allerdings hab ich dort immer noch vermerkt, dass ich keine Organe spenden will. Da bin ich gedanklich leider immer noch nicht weiter. Ich würde eben sehr gerne mitbestimmen, wie die der Hirntod genau bestimmt wird, wie und welche Organe entnommen werden. So gesehen würde ich zumindest jedem einen Organspendeausweis empfehlen. So stellt man seine Angehörigen nicht vor diese schwere Entscheidung. Dafür hoffe ich das ich im Januar wieder Blutspenden kann und eine Stammzellenspende würde ich ebenfalls sofort machen, selbst wenn die Stammzellen aus dem Beckenkamm entnommen werden müssten. An dem Punkt ist meine Einstellung wohl noch etwas „inkonsistent“. Wenn tatsächlich eine OP für die Entnahme notwendig wäre, würde ich aber gerne ein Video von der OP bekommen (und klar, das kommt danach auf YouTube).

5.) Kannst Du verstehen, wenn Menschen Selbstmordgedanken hegen?
Ja.

6.) Würdest Du gerne zu Hause im Kreis deiner Familie sterben, wenn das möglich wäre?
Ja und nein. Das mit dem Sterben daheim ist eine schöne Vorstellung und klar hätte ich in diesem Moment gerne Leute um mich die ich kenne. Am besten die gesamte Familie. Auf der anderen Seite möchte ich meine Angehörigen damit nicht überfordern. Da wäre ein schöner Raum im Krankenhaus oder Pflegeheim vielleicht doch die bessere Wahl. Da hätte ich ebenfalls gerne meine Familie dabei. Aber die Leute wären mit mir nicht alleine, Sterben und der Tod sind für uns eben ein sehr ungewohntes Thema. Im konkreten Fall hat man dann vielleicht doch lieber auch eine Krankenschwester und einen Arzt mit dabei. Einfach weil man sich damit nicht auskennt. So kümmert sich dann auch das Krankenhaus um die nächsten Schritte.

7.) Wie würde Deine Beerdigung aussehen? Hast oder würdest Du sie testamentarisch festlegen?
Also ich würde mich über eine schöne Trauerfeier freuen, kirchlicher Gottesdienst muss es nicht sein, ich bin ja Atheist. Manche Bestatter haben da inzwischen sehr schöne Räume für Trauerfeiern. Das ist dann nicht diese alte und kalte Aussegnungshalle auf dem Friedhof. Allerdings hat sich meine Sichtweise da inzwischen etwas verändert. Früher hätte ich da sehr genaue Wünsche wie das ablaufen soll. Inzwischen finde ich Trauerfeier und Beerdigung sind eigentlich eher für die Angehörigen da. Es geht darum das die, die zurück bleiben, trauern können. Also ich würde stärker überlegen, was für meine Angehörigen passt.

8.) See-, Feuer- oder Erdbestattung?
Die Feuerbestattung. Ah, was mit Kerstins Bruder erzählt hat. Bei Seebestattungen wird inzwischen keine Asche von Verstrobenen im Meer verstreut.

9.) Welches Lied würde bei deiner Beerdigung gespielt?
´Da wüsste ich jezt ebenfalls noch keine Antwort darauf, im Prinzip würde ich das aber auch etwas meinen Angehörigen überlassen, welche Musik sie gerne bei der Trauerfeier hören möchten. Bei solchen Fragen hab ich ab und an allerdings unterirdisch schlechte Einfälle, in dem Fall wäre es wohl von Gottlieb Wendehals – Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei…

10.) Kommt für Dich eine anonyme, teilanonyme oder eine Friedwald-Grabstätte in Frage?
Aktuell wäre es eine Friedwald-Grabstätte, wir waren dieses Jahr schon ein paar Mal im Friedwald, da waren sich Kerstin und ich aktuell einig. Wenn dann der Friedwald. Allerdings nicht anonym, es gibt dort die Möglichkeit von kleinen Schildchen an dem Bäumen. Oder vielleicht ein eigener Familienbaum. Eigentlich wollten wir dieses Jahr mit meiner Mutter nochmals dort hin. Haben wir aber zeitlich noch nicht geschafft.

11.) Würdest Du wollen, dass deine Angehörigen ewig schwarz tragen zum Zeichen der Trauer?
Nein, da hab ich überhaupt keine Erwartungen. Das überlasse ich meinen Angehörigen komplett selbst.

12.) Glaubst Du an ein Leben nach dem Tod?
Nein, darüber mache ich mich ehrlich gesagt nicht sehr viele Gedanken. Ich versuche im hier und jetzt zu leben. Mir ist Gerechtigkeit wichtig und auch anderen Menschen zu helfen. Ich versuche meine Vorstellung von einem guten Menschen zu leben, aber ich mache das eben nicht um dann irgendwann dafür die Fahrkarte in den Himmel zu bekommen.

13.) Was passiert wenn Du gestorben bist?
Ehrlich gesagt ich weiss es nicht, so wirklich interessiert mich die Frage auch nicht. Warum nicht? Nun, es gibt schon so unendlich viele Fragen über das Leben und den Rest, für die ich immer noch nach Antworten suche.

14.) Glaubst Du an Wiedergeburt?
Als Atheist tue ich mir mit dem Glauben immer sehr schwer. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Hirnforschung vielleicht irgendwann tatsächlich Fakten findet, mit denen sich so ein Seelenübergang von einem Menschen auf den nächsten belegen lässt. Aber wäre aktuell ebenfalls nichts, womit ich mich eingehender beschäftigen würde.

Nicht so wirklich in Geburtstagsstimmung

Dieses Jahr hatte ich an meinem Geburtstag irgendwie so überhaupt keine Stimmung auf Party. Deshalb nutze ich mein Tagebuch mal wieder, vor dem Wochenende, etwas Frust hier abzuladen…

Zunächst fing mein Geburtstag gestern eigentlich noch ganz positiv an. Geplant waren ein paar Telefonkonferenzen, die mehr oder weniger den gesamten Arbeitstag ausfüllten. Das ist anstrengend, Arbeit eben, aber positiv – es gab Erfolge und am Ende war ein Kunde super glücklich. Gut wirklich schlimm ist meine Arbeit ja eh nicht, gibt sicherlich viele deutlich schlechtere Jobs. So konnte ich in meinem eigenen Büro sitzen, leckeren Kaffee trinken und mit meinem Kunden zusammen eine Lösung finden. Konkret ging es um einen Testdaten-Generator den ich bis Ende Juli entwickeln soll. Der Kunde möchte einen Lasttest bei einer neuen Software-Lösung durchführen, dafür braucht man größere Datenmengen. Und mein Programm wird genau diese Daten passend automatisch erzeugen. Und so habe ich mich eben in der Telefonkonferenz mit vier Leuten darüber unterhalten was für Daten benötigt werden und wie wir diese erzeugen. Seitengedanke dazu: ich kann leider kein Schwizerdütsch, also ich verstehe es super gut, aber ich kann es absolut nicht sprechen…

Wirklich Nerven gekostet hat aber Kerstins Mutti, am Ende hab ich dann gleich nochmal gefühlt Stunden am Telefon mit Kerstin und meiner Mutter verbracht. Inzwischen mache ich mich ernsthafte Sorgen wie wir das hinbekommen sollen. Und zwar mache ich mir nicht nur um Kerstins Mutter Sorgen, sondern auch um Kerstin. Sie ist in der Hinsicht leider nicht sonderlich belastbar und gerade aktuell selbst in keiner guten Verfassung. Neulich hat sich offenbar ne Viertelstunde nach dem Supermarkteinkauf ihre Geldbörse gesucht. Hat dann wohl ihr Auto und den Supermarkt mit Panik und Verzweiflung abgesucht. Tja ratet mal wie die Geldbörse die ganze Zeit war? Kommt ihr nicht drauf, jo, sie hatte die Geldbörse die ganze Zeit in der anderen Hand. Wäre die Situation nicht so ernst, könnte man bei soviel Verpeilung echt drüber lachen. In diesem Fall sehe ich da aber eher deutliche Anzeichen von Überforderung und Überlastung, schlechte Ausgangsbasis um jemandem zu helfen. Für mich eher ein Signal langsam die Notbremse zu ziehen. Wo liegt den gerade das eigentliche Problem?

1. Grundproblem ist vermutlich, dass Kerstins Mutter eigentlich überhaupt keine Krebstherapie machen möchte. Sie hat so die Hoffnung, die Ärzte würden jetzt bei den Untersuchungen feststellen, dass sie nur noch ein halbes Jahr zu leben hat. Dann würde sie gerne in ein Hospiz gehen und dort die Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Ihre Worte… Gut meiner Erfahrung nach ist das mit dem Sterben und mit Krebs nicht so einfach. Diese Hoffnung haben vielleicht viele Menschen, aber die Realität ist dort leider verdammt hart. Krebs als Erkrankung ist irgendwie untrennbar mit Ungewissheit verbunden. Wenn es schlecht läuft steht den Betroffenen ein jahrelanges Märthyrium bevor, da sagt niemand „oh, sie haben Brustkrebs und werden in sechs Monaten sterben…“. Und da liegt im Augenblick noch ein sehr langer, steiniger und steiler Weg vor uns. Keine Ahnung ob da am Ende des Weges ein Hospiz, eine vollständige Heilung oder ein Leben mit vielen Einschränkungen steht. Den Weg muss wohl auch jeder Mensch alleine gehen, als Angehöriger kann man da als Begleiter einige Wegstrecken gemeinsam meistern, aber eben nicht alle. Nur aktuell laufen wir weder vor noch zurück sondern auf der Stelle im Kreis. Noch schlimmer, wir stehen uns dabei selbst im Weg und stellen uns gerne mal gegenseitig ein Bein…

2. Mangelnde Abstimmung und Planung. Am Dienstag war die ambulante OP für den Chemotherapie-Port und gleichzeitig eine Biopsie/Entnahme(?) des Wächterlymphknoten. Da war dann leider im Anschluss doch eine Übernachtung im Krankenhaus erforderlich. Kerstins Mutter hatte aber absichtlich nichts für eine Übernachtung vorbereitet, so fuhren dann gleich zwei Leute spät am Abend durch die Gegend um ihr die notwendigen Dinge zu bringen und zuerst mal daheim zusammenzusuchen. Am Mittwoch durfte sie dann zwar wieder heim, hatte aber starke Schmerzen, war immer noch schwach und die Wunde hat nachgeblutet/genässt. Naheliegende Entscheidung wäre wohl gewesen, mit einem Arzt zu sprechen, die Wunde nochmal ankucken zu lassen und abgestimmt mit dem Arzt ein Schmerzmittel zu wählen. Nein, da haben die beiden Damen die Stimmung tief in den Keller gefahren, sich gegenseitig fertig gemacht und da selber mit dem Schmerzmittel rumprobiert. Bei sowas bekomme ich echt die Krise, ich wäre eben – wenn irgend möglich – jetzt vor dem Wochenende nochmal zum Arzt gegangen. Zudem sollte Kerstin im Haus noch lauter Arbeiten übernehmen die aus meiner Sicht total unnötig sind. Einen Kirschbaum abernten, wen bitte interessieren jetzt gerade die paar Kirschen? Oder am Whirlpool das Wasser ablassen, diesen Whirlpool benutzt eh niemand, doof genug da nach der letzten Reinigung überhaupt wieder Wasser einzufüllen, aber ist das jetzt gerade wichtig? Oder wäre das nicht eine Aufgabe gewesen, die ich am Wochenende übernehmen hätte können? So ist nun offenbar die Whirlpoolsteuerung kaputt gegangen und ich hatte mehrfach eine weinende Partnerin am Telefon…

3. Kerstins Mutter hat für mich ein Problem mit der Ernährung. Versteht mich nicht falsch, ich möchte bei dem Theman niemanden bevormunden oder für eine vegane Ernährung missionieren. Nur Kerstins Mutter isst seit nun fast einem Jahr viel zuwenig und das was sie isst würde ich auch mehr als Mangelernährung bezeichnen. Pizza, Döner, Chips, Schokolade und Waldmeisterlimo – jo die Vitamine kommen dann beim Rauchen aus den Zigaretten. Die Chemo hat ja noch nicht mal begonnen und sie ist jetzt schon nur noch Haut und Knochen. Eine kleine Mahlzeit am Tag ist einfach viel zu wenig. Meine Idee war zu meinem Geburtstag am Wochenende ein paar ordentliche Rinderfiletsteaks auf den Grill zu hauen. Jo, vorher gefragt, Fleisch schmeckt ihr nicht mehr, wenn dann so ein Schweinebauch – arg, so war das eigentlich nicht gedacht, da hat der Körper wenig von, da freut sich nur die Leber, aber gut… wenn wir grillen sollten, werde ich ein paar Scheiben Schweinebauch für sie auflegen.

Was hab ich mir fürs Wochenende vorgenommen? Ich packe gerade meine Sachen und werde dann zu Kerstin und ihrer Mutter fahren. Ursprünglich war eine weitere Zeltübernachtung geplant – nur ganz ehrlich ich hab keine Nerven und keine Lust dazu. Grillen, vielleicht… was wir aber unbedingt machen sollten ist irgendwie nochmal offener miteinander sprechen. So wird das nichts, so machen wir uns nur alle komplett fertig. Ich weiss ich bin Planungsfetischist, aber ohne so einen gewissen abgesprochenen Grundrahmen machen wir da mehr kaputt als ganz. Klar, eine Krebstherapie lässt sich bestimmt nicht bis ins Detail vom Start bis zum Ende durchplanen, erwarte ich nicht. Aber es ist wohl ziemlich offensichtlich, dass man vermutlich ein kleines Krankenhausübernachtungskit für kurzfristig notwendige Krankenhausaufenthalte braucht. Ich mag Selbstversuche und Experimente, aber in der Situation jetzt einfach irgendwelche Schmerzmittel ohne Abstimmung nehmen – jo, ich bin halt ein Weichei. Tja, Kirschbaum- und Whirlpool-Aktionen treiben mich dann komplett in den Wahnsinn – da brauch ich literweise Bachblütentee…

In diesem Sinne, lebt Euer Leben!

Der Tragödie zweiter Teil

Mein sonst grenzenloser Optimismus verschwindet gerade. Ich bin nervös, gereizt und irgendwie nicht so ganz bei der Sache. Ständig Unwetter, Terrorgefahr zur Fussball-EM und der Türkeikonflikt. Da könnte ich mich gerne reinsteigern, sorgt gerade aber eher „nur“ für zusätzliche Anspannung.

Trauerfeier und Beisetzung von Udo sind nun gerade mal eine Woche her. Da kommt gleich der nächste Megaschock, Kerstins Mutti spürte seit ein paar Monaten einen ziemlich großen Knoten in der Brust. Sie hatte wegen der Stammzelltransplantation und danach dem Tod von Udo einfach nicht die Kraft für einen eigenen Arztbesuch. Gestern war nun ihr Termin beim Arzt. Auch hier hatten wir zunächst wieder Hoffnung, ist vielleicht nur eine Zyste. Oder mein Gedanke, vielleicht sind durch die Aufregung und Trauer einfach nur die Hormone komplett durcheinander. Nein, der Gynäkologe hat sofort das Telefon in die Hand genommen und im Krankenhaus einen OP-Termin schon für den kommenden Mittwoch vereinbart. Nächste Hoffnung ist dann wohl ein möglichst guter Befund für die Gewebeproben aus der Pathologie.

Macht mich gerade einfach sprachlos, die ganzen Alltagsunglücke sind da noch garnicht mitgezählt. Einen Tag vor der Trauerfeier ist auch noch der Wäschetrockner kaputt gegangen. Und diesen Mittwoch dann der Rasenmäher gleich hinterher. Yo, wenn es knallt dann eben gleich richtig.

Ich bin eigentlich nicht sooo der Schraubertyp, sondern eher der Schreibtischtäter. Wir wollten aber eh zu Kerstins Mutter fahren, da konnten wir dann auch gleich den Rasenmäher genauer ankucken. Da muss ich einfach sagen, Kerstins Mutter ist echt ne starke Frau. Die wäre ja gerade richtig gut bedient mit ihrem Schicksal, aber so standen wir nun zu dritt um diesen Rasenmäher und haben gemeinsam an dem Teil rumgeschraubt. Kerstins Mutter hatte unter der Woche schon den Luftfilter gereinigt, das Teil wollte aber einfach nicht mehr anspringen. Hab ihr dann den Vergaser gezeigt und wie man den öffnet. Tja, zumindest kleines Glück und Wunder gibt es noch – der Rasenmäher springt wieder an!

Haben die Zeit dann gleich genutzt und den Rasen gemäht. Auch da hat mir Kerstins Mutter den Mäher schon fast mehr oder weniger aus der Hand gerissen und selber gemäht. Ihr hättet sehen müssen wie glücklich diese Frau mit diesem Mäher über den Rasen geflitzt ist. Gut das ich ordentlich Heuschnupfen hatte, sonst hätte noch jemand die eine oder andere Träne gesehen, die mir bei diesem Anblick über die Wange gelaufen ist.

Schwer da noch positive Gedanken zu haben. Beim nächsten Besuch hier planen wir eine Übernachtung im Zelt incl. Lagerfeuer. Den Zeltplatz und die Feuerstelle habe ich in einem der vorherigen Einträge schon als Bilder gezeigt. Zelt ist auch schon bestellt, mal sehen…

Jeder trauert anders

„Sammeln Sie Punkte? – Ja, in Flensburg!“
Einer der Witze, die heute gemacht wurden…

Sorry, wenn die nächsten Einträge etwas durcheinander sein sollten, muss da einiges aufschreiben. Kann aber sein, dass die zeitliche Reihenfolge nicht passt… da müsst ihr durch.

Trauer ist wohl ein sehr individueller Vorgang, da muss jeder für sich den passenden Weg finden. Kerstin und ich sind gerade sehr gedankenverloren. Jeder hängt seinen Gedanken nach, schöne Erinnerungen, was wohl nach dem Tod kommt. Was man nun selbst im Leben anders oder „besser“ machen möchte.

Jedes Bild schmerzt, Gegenstände wecken Erinnerungen. Wisst ihr wie schwer es ist, die halbvolle Tasse mit Tee auszuschütten und in den Geschirrspüler zu stellen. Wenn man weiss das da noch vor wenigen Stunden ein geliebter Mensch daraus getrunken hat?

Wir sind heute Nachmittag nochmal zum Haus von Kerstins Eltern gefahren. Wir hatten mit vielem gerechnet, damit aber nicht. Kerstins Bruder räumt den Schuppen mit Geräten aus und ihre Mutter macht im Haus einen Großputz. Da finde ich mich halbwegs noch drin wieder, wenn es hart kommt fange ich auch zuerst an die Toilette zu schruppen. Viel Hektik, viel Unruhe… von uns lauter unwichtige Sachen. Wir sind gerade in einer komplett anderen Stimmung, das hat überhaupt nicht gepasst. Kerstin wollte ursprünglich noch ein paar Tage bleiben, fährt nun aber wieder mit mir zurück.

Noch viel schlimmer und das hat mich richtig entsetzt und fast umgehauen. Die haben bereits damit begonnen Gegenstände aus dem Inventar der Firma über das Internet zu verkaufen. Hier rufen schon die ersten Leute an, wollen vorbei kommen und Dinge abholen oder ansehen. Ich dachte mich trifft der Schlag! Der Mann ist gerade mal seit 24 Stunden tot und die fangen ziemlich unkontrolliert an die Firma aufzulösen. Ich vermute mal, sie haben schon gemerkt, das ich da anders drüber denke. Ich habe ihnen zumindest den sehr eindringlichen Rat gegeben, zunächst mit dem Steuerberater darüber zu sprechen. Jo, ich versucht hier in den letzten Tagen eine möglichst gute Unterstützung zu sein, aber sowas stellt mich echt auf eine verdammt harte Probe…

Ich verstehe, wenn Leute sich jetzt mit etwas beschäftigen müssen. Man kann ja Dinge sortieren, putzen und aufräumen. Aber jetzt schon verkaufen? Das geht mir zu schnell! Das reicht in ein paar Wochen auch noch… Da hat für mich eben auch eine Kehrmaschine und eine Grasrolle einen emotionalen Wert! Das muss jetzt doch einfach nicht sein, alleine die Anrufe von irgendwelchen Leuten würde mich gerade aktuell extrem belasten. Das könnte ich jetzt einfach nicht haben.

Aber so trauert wohl jeder anders…

Pfingstsonnstag 15.05.2016 – Der Tag an dem Udo starb

So, ich hab mir jetzt mal ne Woche Zeit gelassen, bis ich diesen Eintrag verfasse. Nun möchte ich genau diesen Tag aber doch für mich in einem Eintrag festhalten. Zudem lege ich damit noch ein paar Gedanken hier im Eintrag ab, so hab ich danach hoffentlich wieder einen klareren Kopf.

Mein letzter Eintrag endete damit, dass ich beim ESC eingedöst war. Es muss dann so etwa um 1:30 Uhr gewesen sein. Ich lag im Bett und Kerstin wollte gerade ins Bad um sich für die Nacht fertig zu machen. Ich wurde dann wach, als sie im Gang vor unserem Zimmer laut zu sprechen began. Irgendwas stimmte mit ihrem Papa nicht. Unserem Zimmer gegenüber gibt es auf dem Stockwerk noch eine kleine Toilette. Udo war wohl gerade auf dieser Toilette, antwortete aber nicht. Es waren nur irgendwelche total seltsamen Atemgeräusche zu hören. Wirklich, derartige Atemgeräusche habe ich zuvor noch nie gehört.

Gut mein erster Gedanke, der gute Udo sitzt eben auf dem Klo und will mal seine Ruhe haben. Wir klopfen, nix, wir sprechen ihn an, nix, wir versuchen die Türe zu öffnen, geht nicht. Kerstins Mutter wach gemacht, nein die Türe geht nicht auf und uns wurde immer mehr klar. Hier will jemand nicht seine Ruhe haben, hier passt was ganz und gar nicht. Kerstins Mutter wählt den Notruf und für mich war klar, diese Türe muss weg. Runter in den Keller und Werkzeug holen. Mit Hammer und Stemmeisen habe ich dann versucht die Tür an den Stellen für die Türangel durchzuschlagen – ging nicht. Dann das erste kleine Loch in der Tür. Udo saß auf dem Boden, mit dem Oberkörper gegen die Tür gelehnt. Im nächsten Schritt hab ich dann größere Stücke der Tür mit einem Fuchsschwanz ausgeschnitten. So kam ich dann schon mal etwas an Udo ran.

In dem Moment kamen dann auch schon die ersten Feuerwehrleute zu mir die Treppe hoch. Ihr könnt Euch garnicht vorstellen, wie erleichtert ich war als die Leute mit Helm und Einsatzkleidung gesehen habe. Ich hatte keine Ahnung wie ich den Rest der Türe hätte entfernen sollen, ich wollte Udo beim sägen natürlich nicht verletzen. Kurz danach war der Gang dann auch schon voll, Rettungssanitäter, Notarzt, Feuerwehr und eine Frau von einem Rot Kreuz „First Responder“-Team.

Was mich sehr beeindruckt hat, war die Ruhe. Niemand brüllte durchs Haus oder trampelte die Treppe hoch. Der Einzige der gesprochen hat war der Notarzt. Kurzes Studium des Arztbriefs (in diesem Fall ein kompletter Ordner) und Telefonat mit der Klinik. Sie haben ihn dann mit einem Tragetuch die Treppe runter getragen. Ich muss wohl einen sehr verwirrten Eindruck gemacht haben, der Notarzt hat mir gleich mehrmals sehr langsam gesagt wo sie Udo hinbringen. Station „1-Berta“.

Um 3:00 Uhr hab ich Kerstin und ihre Mutti dann in die Klinik gefahren. Udo war dort seit September im Prinzip Dauergast. So kannten wir zumindest die Klinik, sind dort dann aber doch zunächst ziemlich planlos umhergeirrt. Der Haupteingang war Nachts um 3 Uhr nicht geöffnet und natürlich sind wir zunächst in der Chirurgische Notaufnahme. Wir brauchten aber 1-Berta, das ist die Internistische Notaufnahme. Dort konnten Kerstin und ihre Mutti zu ihm ins Zimmer, ich wollte nicht stören und hab vor der Station gewartet.

Vermutliche Diagnose war ein Schlaganfall, die Ärzte haben nach Rücksprache mit Kerstins Mutter auf zu umfangreiche Diagnostik (CT) und Gerätemedizin verzichtet. Es war uns ja allen klar, dass Udo nur noch ein paar Wochen zu leben hatte. Die Leukämie war so agressiv, da liesen sich die Blutwerte auch mit Bluttransfusionen nicht mehr aufrechterhalten. Am Freitag lagen die Thrombozyten schon bei 18.500 /µl Blut und der letzte Messwert in der Klinik dann bei 7.000 /µl Blut. Tja, was macht man? Da wir nichts tun konnten, sind wir zunächst wieder heimgefahren.

Kerstins Mutter ist dann gleich am Morgen mit Bekannten wieder in die Klinik gefahren. Kerstin und ich sind dann am frühen Nachmittag nachgekommen. Udo wurde inzwischen in ein ruhiges Einzelzimmer auf einer anderen Station verlegt. Udo war nicht mehr ansprechbar, er wurde nur mit Sauerstoff versorgt und hatte einen Zugang mit Dosierpumpe für Morphium. Ein paar andere Verwandte waren auch schon da. Wir konnten dann seine Hände halten und ihn streicheln. Er hat sich echt gefreut, dass wir da sind. Kurz darauf hat sich die Atmung verändert, ich bin dann raus und hab ne Krankenschwester geholt. Die sagte dann schon, „das sind jetzt die letzten Atemzüge“, mir hätte es beinahe die Knie weggehauen. Ich bin dann nur für ein paar Minuten raus, Kerstins Bruder fehlte noch, den hab ich dann gleich auf einem Gang abgefangen und gekuckt, das er das Zimmer gleich findet. Als wir dann gemeinsam ins Zimmer zurückkamen ist Udo gerade in diesem Moment gestorben.

Ich weine wirklich sehr selten, aber das hat mich echt sehr tief getroffen und berührt. 15 Uhr, ungefähr 12 Stunden nachdem wir ihn auf der Toilette gefunden hatten. Das Klinikpersonal war echt super, wir mussten nur kurz vor dem Zimmer warten. In dieser Zeit wurden die Zugänge entfernt und eine Kerze aufgestellt. So konnten wir dann noch im Krankenhaus in aller Ruhe Abschied von Udo nehmen.

Ich bin jetzt schon 41 Jahre, aber ich würde sagen, dieser Pfingstsonntag war der bisher emotional bewegenste für mich. Das ging mir wirklich sehr sehr nah. Stellt Euch Udo bitte nicht als alten gebrechlichen Opa vor. Udo war 57 Jahre alt und eigentlich ein sehr durchtrainierter Typ. Ich weiss noch, wie Udo bei mir im Haus mit so einem Megaschlaghammer einen Betonsockel entfernt hat.

Hach, also der Tod von Udo hat auch bei mir ein ziemlich tiefes Loch hinterlassen…

Samstag vor Pfingsten, schön und ruhig

Ich habe nun einige Zeit überlegt wie ich das mache und mich nun entschlossen einige Gedanken und Erinnerungen hier in meinem Tagebuch festzuhalten. Eben einfach als Erinnerung für mich und um wieder zu mir selbst zu finden.

Samstag war ein schöner ruhiger Tag, wir waren Freitagnachmittag zu Kerstins Eltern gefahren. Haben dort übernachtet und Samstag in Ruhe ausgeschlafen. Am frühen Nachmittag sind wir dann zum Einkaufen aufgebrochen. Wir haben für die Pfingstfeiertage noch einige Lebensmittel eingekauft und auf dem Rückweg noch eine kleine Wanderung gemacht.

Ich wollte in dieser Gegend eine Strecke erkunden. Ein Weg den wir vorher noch nicht gegangen waren. Es gibt dort so einen kleinen Hügel mit Kapelle und Parkplatz davor. In den letzten 10 Jahren bin ich daran schon unzählige Male vorbeigefahren hatte aber noch nie angehalten. An diesem Samstag haben wir dort geparkt und den Parkplatz als Ausganspunkt für unsere Wanderung gewählt. Es gab dann unterhalt der Kapelle einen Kreuzweg den wir zu Beginn der Wanderung ein Stück genommen haben. Danach ging es in einem kleinen Tal in ein Waldstück, davon habe ich sogar zwei Bilder gemacht:
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Es war eine schöne ruhige kleine Wanderung, etwas Sonne, ein bischen Regen. Neuer Weg und neue Umgebung, die Wanderung hat uns gut getan. Jeder konnte seinen Gedanken nachhängen und eben etwas zur Ruhe kommen.

Wieder zurück bei Kerstins Eltern war Udo (Kerstins Papa) super gut drauf, eine schöne ausgelassene Stimmung. Kerstins Eltern hatten mit ihren Elektrorollern ebenfalls einen kleinen Ausflug gemacht. Zu Udos Lieblingsbank, einem nahegelegenen Aussichtspunkt. Kerstin hat dann nochmal einige Zeit mit ihrem Papa verbracht. Die beiden haben sogar noch zur Musik im Radio zusammen getanzt.

Später hat Kerstin unser Abendessen gemacht, frischen Spargel mit Kartoffeln und Sauce Hollandaise. Es war ein Abend wie wir ihn in den letzten Jahren sehr oft dort erleben durften. Nach dem Essen war geplant, dass jeder in seinem Zimmer das TV-Programm seiner Wahl kuckt. Kerstins Mutti im Wohnzimmer, Kerstin in unserem Schlafzimmer und Udo in seinem Fernsehzimmer. Der Fernsehgeschmack lag da leider sehr weit auseinander. Kerstin wollte um 21 Uhr den Eurovision Song Contest sehen, Udo „The Da Vinci Code – Sakrileg / Illuminati“ und Kerstins Mutti wollte nur durch die Kanäle zappen. Ich bin ein Fernsehfan und hab Kerstin beim ESC nur Gesellschaft geleistet. Zuerst hatte ich das Notebook aufgeklappt und danach nur mit einem Ohr den ESC verfolgt. Wir hatten Erdnüsse und Chips gekauft, die gabs dann so über den Abend verteilt. So etwa in der Mitte des ESC haben wir dann noch eine kleine Flasche Sekt aufgemacht.

Wohl als Wirkung auf den Sekt wurde ich dann sehr schnell extrem müde und bin schon beim ESC weggedöst…