X-8 *** 10. SSW *** „Werden wir uns jemals wirklich sicher fühlen können?“ *** Weltuntergang

ohje, schon wieder viel zu viel im Kopf, dann wirds eben ein längerer etwas bunt gemischter Eintrag…

Hab heute Abend mit meiner Mutter telefoniert. Eigentlich wollten wir das Weihnachtsessen durchsprechen – wer besorgt was und was gibts zur Vor- und Nachspeise. Nach dem Telefonat war mir das Weihnachtessen ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr wichtig. Hatte ja schon geschrieben das meine Schwester wieder schwanger ist, ist der zweite Versuch dieses Jahr. Läuft allerdings nicht sooo glatt, ist schon seit mehreren Wochen krankgeschrieben. Hat
ziemliche Kreislaufprobleme. Meine Mutter hat mir heute erzählt das bei der Untersuchung letzte Woche keine Herztöne zu hören waren. Ob das in der 9. Woche normal ist, weiss ich nicht. Morgen ist die nächste Untersuchung. Meine Schwester macht am Telefon einen guten Eindruck, hab nicht über das Thema mit ihr gesprochen. Aber mir gehen tausend Dinge durch den Kopf… ich find das irgendwie „brutal“.

Ich frag mich eben, warum muss Leben entstehen lassen mit soviel Brutalität verbunden sein? Zuerst muss man den passenden Partner finden, nicht einfach und oft mit viel Enttäuschung verbunden. Hat man dann nen Partner klappt es nicht mehr, oder die Leute die keine Kinder wollen bekommen welche. Tja und selbst wenn es klappt kommt gleich die nächste noch dramatischere Ebene… ich empfinde es gerade als absolut brutal. Liegt aber vielleicht an einer falschen Einstellung zum Leben. Leben ist eben kein 4-Sterne-Pauschalurlaub wo man für alles was nicht optimal läuft den Reisepreis mindern kann. Und Kinder sind eben in dem
Sinn dann auch kein Ding das man quasi so jetzt und sofort im Supermarkt „mitnimmt“ wenn es einem eben gerade gut passt.

Die kleine Ayleen in ihrem Weihnachtsstrampler ist da ein echter Lichtblick und zaubert mir dann eben doch schon wieder ein Lächeln ins Gesicht. Wenn es klappt ist es dann doch den ganzen Scheiss davor wert! Einfach herrlich!

Die Frage „Werden wir uns jemals wirklich sicher fühlen können?“ hab ich aus dem Tagebuch von Becky geklaut. Die Frage stell ich mir ständig und hängt vermutlich sehr von der persönlichen Sichtweise ab. Das Thema Sicherheit ist bei mir ja quasi ständig da nur eben bei bestimmten
Ereignissen noch viel deutlicher. Dienstag wurde mein eigener Kontroll- und Sicherheitswahn da gleich auf die nächste Probe gestellt. Die Nacht von Montag auf Dienstag haben wir ja gut bewacht mit zwei Polizeiwagen direkt vor dem Hotel verbracht. Als ich dann aber beim Kunden
war, wurde Freundin in der U-Bahn von einem Betrunkenen angepöbelt.

Das absolute Trigger-Ding für mich. Als sie mir das dann am Abend erzählt hat, hätte es mich wirklich fast umgehauen. Bei sowas gehen meine Gedanken ab wie ne Rakete. Mir ist dabei völlig bewusst das ich da total überreagiere. Aber meine ersten Gedanken sind eben dann doch irgendwie typisch amerikanisch und typisch Saubermann. Aber auch meine Kommunikation mit Freundin ist da durchaus problematisch. Einige meiner ersten Fragen hatten eben doch einen
etwas vorwurfsvollen, schuldzuweisenden Ton. „Warum hast Du nicht die Polizei gerufen?“, „Warum hast Du nicht den Zugführer per Ruftaste verständigt?“. Was unsere Kommunikation angeht haben wir da in den letzten Monaten einiges dazu gelernt. D.h. wir haben da eben dann schon auch drüber gesprochen wie wir über sowas sprechen und das meine etwas vorwurfsvollen Fragen ziemlich bescheuert sind. Bin auch nicht mehr sooo in Rotation gekommen wie es mir vor
einiger Zeit wohl noch passiert wäre.

Das mit der Sicherheit und wie sicher man sich fühlt ist echt so eine Sache. Mir ist schon klar das subjektives Sicherheitsempfinden stark von den eigentlichen realen Gefahren abweicht. Wenn man es nüchtern betrachtet war unsere Autobahnfahrt oder das nächste Fastfood-Essen wohl viel gefährlicher als ich es „gefühlt wahrnehme“. Ich kann eben auf der einen Seite diese amerikanische Sichtweise verstehen, quasi jeder „gute“ Mensch braucht eine Waffe damit er unsere Freiheit jederzeit selbst verteidigen kann. Auf der anderen Seite ist mir vollkommen klar das
diese „jeder braucht ne Waffe“-Denkweise zwangsläufig immer in einer Katastrophe enden muss.

Ja, langsam rückt der Weltuntergang ja immer näher. Erstes Zeichen: gestern Abend gabs hier im lokalen Supermarkt keine „ofenfrische“ Tiefkühlpizza – war alles ausverkauft. Hab dann gleich nach dem Wodka-Bestand gekuckt, war noch einiges da, also etwas Zeit bleibt uns noch. Wir haben
heute wie geplant schon mal unsere Vorräte an Rotwein, Olivenöl, italienische Käse und Schokolade aufgefüllt. Und falls die Welt nun tatsächlich untergehen sollte haben wir mit einer Flasche Bowmore Darkest genau den richtigen Whisky im Haus.

So und morgen hab ich Abends dann beruflich gleich noch den passenden Einklang für den Weltuntergang. Habe mich für den Vortrag “When Disaster Strikes: Real Life Lessons From the Front Lines.” angemeldet. Aus dem Inhalt:
„Find out how real organizations faced a once-in-a-lifetime disaster and got their operations back up and running when everything was in chaos around them. Learn the lessons they had to learn firsthand.

Find out what to do when you face this:
– Your office is flooded.
– The power goes out and your backup generators are running out of fuel.
– Your primary and secondary data centers fail.“

Meine „Werte“ für heute ->
Übersteuerung: 3
Hypoaktivität: 3
Porno: 1
Sex: 1
Nervosität: 3

Embarass zu nachdenklich