Länder- und Familienkulturen von Kindern, Fleisch und Meer

Länder- und Familienkulturen von Kindern, Fleisch und Meer

Ich mag Familienfeiern in der Verwandtschaft, so erhält man doch
immer wieder einen Einblick in andere Familien, in andere Lebensweisen
und Kulturen. Inzwischen sind wir ja wieder zuhause bei uns und
ich muss noch etwas die Erlebnisse der letzten Tage verarbeiten.
Waren echt super interessante und schöne Tage die wir da oben im
Norden verbracht haben, das ein oder andere gibt mir zwar auch
zu denken, aber gut…
Wovon ich nichts halte ist bestimmte Lebensweisen und Einstellungen
an Länder zu knüpfen, also „typisch deutsch“, „typisch polnisch“…
Klar gibt es da vielleicht die eine oder andere Eigenheit, aber so
insgesamt würde ich mal behaupten ist sowas in unserer globalen
Gesellschaft schon ziemlich verwaschen. Ebenso interessant sind
bestimmte Bräuche und die Kultur in Familien selbst. Hauptziel 
unserer Reise in den Norden war eine Taufe und das besonders Tolle,
es ging um das Kind von Freundins Bruder. D.h. aus meiner Sicht
gleich ein toller Einblick in extrem unterschiedliche Familien.
Zum einen die Familie der Frau von Freundins Bruder, die waren extra
für die Taufe aus Polen angereist, sehr herzliche nette Leute, die
vollen Gemeinschafts- und Familientiere *grins*. Und zum anderen
Freundins Familie, eher die klassischen Individualisten, sprich man
trifft sich so einmal im Jahr in der Familie und dann ist wieder gut.
Als Ort für das Familienfest nun also der Norden, die kleine Ortschaft
kurz vor Flensburg, eine Gegend in der somit keiner der Beteiligten
direkt seine Heimat hat – interessant.
Kommunikationsprobleme
Man kann Feste sehr unterschiedlich durchführen. Ich bin der klassische
Kopfmensch, bei mir wird sowas Monate vorher geplant und organisiert.
Die Leute wissen dann vorher sehr genau was auf sie zukommt und was sie
erwartet. Dafür fühle ich mich von solchen Festen oft gestresst, sehr 
verkrampft und angespannt. Freundins Bruder und dessen Frau, ich nenne
sie mal die Ebay-Familie, sind da das genaue Gegenteil. Die lassen so
ein Fest einfach so laufen, an und für sich nicht schlecht, in dem Fall
für mich dann aber doch ziemlich heftig! Ich geb mal ein paar Beispiele.
Samstag war der erste Tag der Zusammenkunft, so richtig wussten wir vorher
nicht was auf uns zukommt, eine genaue Uhrzeit gabs auch nicht, deshalb
haben wir dann nochmals angerufen und gefragt ob 11 Uhr in Ordnung ist,
passte der Ebay-Familie gut. Angekommen war dann nur Frau Ebay und der
kleinste Sohn da, Herr Ebay war noch Holz entsorgen mit dem größeren Sohn.
So genau hatte wohl niemand einen Plan, haben uns dann für einen kleinen
Spaziergang mit dem kleinsten Sohn entschieden. So richtig durchgeplant
hatte die Ebay-Familie die Party wohl nie, wir erfuhren aber so nebenher
das für den Abend eine Grillparty geplant war. Man merkte den beiden schon
etwas an, daß sie mit der Party für 15 Leute doch etwas überfordert waren.
So legte Herr Ebay ein Bettgestell quer in die Küche, genau so das man
auf dem Weg durch die Küche immer drüber steigen musste, herrlich, hab aber
nix gesagt. Einfach kucken wo man helfen kann, Tisch putzen, auf die Kinder
aufpassen…
Böse daran, wenn man seinen Gästen vorher nicht sagt das man so gegen 18 Uhr
den Grill anwerfen will. Zumindest wenn die Gäste eine Fahrzeit von mehr als
8 Stunden haben. Freundins Eltern waren so erst um 21:30 Uhr da und da war das
Fleisch dann schon kalt. 
Tränen gelacht habe ich auch als Frau Ebay Freundins Eltern erzählte wie
das am Sonntag mit der Taufe ablaufen wird. Irgendwie hatten wir alle eine
Uhrzeit von 11 Uhr im Kopf und stillschweigend sind wir davon ausgegangen,
daß die Taufe direkt im Wohnort stattfindet. Aber weit gefehlt! Wäre zu
einfach! Die Taufe war schon um 9:30 angesetzt, katholischer Gottesdienst
in polnischer Sprache, man sollte schon um 9 Uhr an der Kirche sein. Und es
war nicht die Kirche im Wohnort sondern im eine Stunde entfernten Kiel *grins*.
Ich hab das locker gesehen, hatte mit sowas schon gerechnet. Aber als ich
gesehen hab wie die Mundwinkel von Freundins-Eltern nach unten klappten, als
sie das erfahren haben, hatte ich echt tränen in den Augen, herrlich, aber das
hätte uns die Ebay-Familie wirklich vorher sagen können, aber egal…
Ausgemacht war, daß man sich am Tag der Taufe in der früh bei der Ebay-Familie
trifft, wir sollten eigentlich auch noch Leute in meinem Auto mitnehmen. Hihihi,
also in der früh dann zunächst vom Hotel 20 Minuten zu den Ebays in die andere
Richtung gefahren. Da war dann Chaos pur, Herr Ebay hatte verschlafen und der
Rest der polnischen Verwandtschaft war noch beim Anziehen. Mitnehmen mussten wir
in unserem Auto dann doch niemanden mehr. Deshalb sind wir gleich nach Kiel zur
Kirche aufgebrochen. *lol* so waren wir dann um 9 Uhr die Einzigen die pünktlich
bei der Kirche waren… hat dann aber schon noch alles gepasst, war ein interessanter
Gottesdienst, auch wenn wir nichts verstanden haben.
Die Schwierigkeit des gesamten Treffens war, daß unsere Gastgeber ihre Gastgeber-Rolle
nicht wirklich wahrgenommen haben. Ist normalerweise nicht sooo problematisch,
meist übernimmt ja dann jemand aus der Verwandtschaft die Führung und springt da
ein. In der Konstellation dort war das aber viel komplizierter, der andere Teil
der Verwandtschaft sprach ja nur polnisch *grins*. Und niemand ausser den Gastgebern
kannte die Örtlichkeiten. Normalerweise kennen ja mehrere Leute aus der Verwandtschaft
die Kirche, in der eine Taufe stattfinden soll. In dem Fall waren wir aber alle total
ahnungslos. 
Am Nachmittag lief es ganz ähnlich, so nebenbei haben wir mitbekommen, daß der
polnische Teil der Verwandtschaft ans Meer fahren möchte. Klar wer will den auch
schon 2 Tage lang, ständig im Haus der Ebays rumsitzen. Freundin wollte ja
ebenfalls unbedingt ans nochmal ans Meer, also hab ich angedeutet das Freundin und
ich mit dem Auto hinterher fahren. Herr Ebay war total erstaunt und schon leicht
verärgert, daß nun plötzlich alle ans Meer fahren wollen. Er meinte nur so
„Flensburg wäre okey…“, aber nen genauen Tipp wo in Flensburg, oder vielleicht
eine Anschrift die man ins Navi eingeben konnte, hatte er nicht für uns, hmmm.
Der polnische Teil dachte wohl, ich würde mich in der Gegend gut auskennen,
jedenfalls fand ich mich 30 Minuten später in Flensburg, mit zwei polnischen
Autos hinter mir wieder. Jo, ehm, wo ins Flensburg ist das Meer? Ich hatte in meinem
Navi irgendwas eingegeben das nach Meer klingt, die Chance das man so in einem
Industriehafen landet ist natürlich hoch. Und wo parkt man in Flensburg? Um es
kurz zu machen, ich hab von Flensburg keine Ahnung, war da vorher noch nie und
in etwa so planlos sind wir dann durch die Stadt gefahren. Hat dann aber auf den
zweiten Anlauf alles noch halbwegs gut geklappt.
Aber es ist schwer, wenn man sich nicht direkt verständigen kann, zumal es vorher
keine Abstimmung darüber gab, was genau man vor hat. Also möchte man sich die
Stadt Flensburg ankucken, oder eher den Hafen, oder vielleicht den Strand und
das Meer? Wir hatten ja einfach gesagt, wir fahren mal mit. Den Polen ging es da
wohl ähnlich, jeder von uns blieb da eher passiv und zurückhaltend und wollte
bloß nicht zuviel bestimmen oder jemanden verärgern. Im Prinzip hat jeder drauf
gewartet, das nun mal irgendjemand die Führung übernimmt und sagt wo es lang geht.
Hätte ich ja gerne gemacht, nur wenn man sich in einer Gegend nicht auskennt,
ist es eben schwer zu sagen „Auf, wir fahren jetzt mal nach X.Y.Z., da kann man
schön laufen und sieht was von der Gegend…“.
Besonders Leid taten mir die Eltern von Frau Ebay, super herzliche und nette 
Leute. Man merkt richtig welchen Stellenwert für sie eine Familie hat! Aber
sie sprechen eben nur polnisch, vorallem der Papa von Frau Ebay suchte immer
wieder den Kontakt zu uns, aber man kann dann eben nur lächeln und sich mit
Händen und Füssen verständigen. Tat mir schon irgendwie total Leid wie er da
so neben uns Stand und versuchte etwas auf polnisch zu erklären… *hach*
Die Ebay-Kinder
Mit dem kleinen Ebay-Sohn haben wir letztes Jahr das Wickeln zum ersten Mal
praktisch geübt. Die beiden Ebay-Söhne sind wirklich super pflegeleicht! Man
möchte sie fast einpacken und mit zu sich nach Hause nehmen. Der größere
Ebay-Sohn ist noch dazu Fremde gegenüber sehr offen. Fand ich schon fast ein
bischen merkwürdig, ich kenne kleine Kinder ja eher in der Form, sobald da
die Eltern ausser Sichtweite sind gibt es sofort ein mächtiges Theater und
die ersten Tränen fließen. Aber der Ebay-Sohn setzt sich zu jedem ins Auto
und will was unternehmen – strange. Das führte am Sonntag dann auch zu einer
komischen Situation. Der Ebay-Sohn wollte mit Freundins-Eltern mitkommen, der
stand dann tatsächlich mit seinem Kindersitz im Arm neben deren Auto und
wollte einsteigen. Die Körnung daran, Herr Ebay und Freundins-Eltern haben
dann ernsthaft darüber nachgedacht ob er nicht tatsächlich für ne Woche mit
in den Süden zu Freundins-Eltern kommt, so ganz spontan mal eben. Also der
Kleine geht seit einem Jahr in den Kindergarten und sieht seine Großeltern
einmal im Jahr *grins*. Ich meinte dann nur, daß ich das in dem Alter doch
ziemlich heftig finde. Unbekannte Menschen, unbekannte Umgebung, unbekanntes
Essen… uuuhhh, also das bekommt so manches sensible Kind mit 10 oder 12 Jahren
beim ersten Zeltlagerbesuch noch nicht auf die Reihe. War dann doch ziemlich
froh, daß Frau Ebay da auch ziemlich schnell entsprechende Diskussionen
beendet hat.
Ganz sooo einfach ist es eben nicht immer! Am Samstag-Nachmittag gab es mal
die Situation wo sich der Ebay-Sohn im Garten am Fuß verletzt hatte. Der
stand plötzlich mit blutendem Zeh neben uns, er hatte sich wohl irgendwo im
Garten verletzt. Keine Träne, kein Geschrei, ich wollte dann gleich mit einem
Taschentuch dran. Aber da hat man dann sofort gemerkt, will er nicht, da brauchte
er seinen Papi, da lässt er niemand anderen ran…
Ich hoffe meine Beschreibung klingt nicht zu negativ, trotz Kommunikationsproblemen
hat es mir da super gefallen. Interessante Tage, die mir gezeigt haben das man
Dinge eben auch anders machen kann. Besser, schlechter, positiv, negativ –
kann man alles sehen wie man möchte – was ich wieder mal mitnehme ist 
Gelassenheit…
Mehr Meer
Freundin hatte ja schon geahnt, daß die Taufe etwas chaotisch werden könnte.
Deshalb haben wir uns da gedanklich entsprechend drauf eingestellt. Sprich
am Freitag und Montag, davor und danach etwas Erholung in den Reiseplan
eingebaut. Am Freitag waren wir kurz in Eckernförde und am Montag an der
Ostsee bei Pommerby, damit ihr Euch ein Bild machen könnt hab ich noch ein
paar Fotos für Euch:
Zumindest um mal mit den Füßen ins Meer zu gehen reichte die Zeit und das Wetter.
Hier am Stand von Eckernförde. Da gibts übrigens ebenfalls romantische kleine
Straßen.
Insgesamt war der Samstag und der Sonntag leider sehr fleischlastig, aber
gut geschmeckt hat es schon. Gibt dann eben in nächster Zeit kein Fleisch
mehr. Mit der Menge Fleisch hatte sich die Ebay-Familie ziemlich verschätzt,
war deutlich zuviel.
Hab ich schon erzählt, das mein Polnisch nach fünf Wodkas eigentlich
ganz passabel ist?
Und hier noch der FKK-Strand von Pommerby. Gut zum ausziehen war es an dem
Tag zu frisch, aber man konnte sich in Ruhe an den Strand setzen und dem
Rauschen des Meers zuhören, waren so gut wie keine Leute dort… herrlich.
Ah, von dem Strand bei Pommerby sind es laut Navi genau 877 Kilometer bis
zu unserem Heimatort, da packt mich dann schon etwas Wehmut *hach*. Also
ich brauche kein super Wetter fürs Meer, das Rauschen und der Geruch machen
die Atmosphäre aus. Drum brauchen wir einfach hin und wieder mal Meer!

Dead