Familienfeiern – bewerten oder nicht bewerten
 Gestern gabs schon wieder eine Taufe zu feiern, ich hatte ja schon bei
 der letzten Taufe im Sommer geschrieben das ich solche Feiern immer
 besonders spannend finde, da unterschiedliche Kulturen und Lebenseinstellungen
 zusammenkommen. War auch bei dieser Feier wieder so… Dieses Mal war es die
 Taufe von meinem Neffen, die gute Edith in ihm ja schon die Wiedergeburt von
 Christoph Schlingensief entdeckt.
 Vielleicht zunächst zu meinem Neffen, in meinem letzten Eintrag hatte ich
 berichtet das er sehr überraschend wegen eines Abszess im Krankenhaus
 behandelt werden musste. Inzwischen geht es ihm wieder top! Also er macht
 keinen kränklichen Eindruck, wobei die Sache meine Schwester natürlich immer
 noch Aufwand und Nerven kostet. Da müssen z.B. ständig solche Sitzbäder
 gemacht werden…
 Aber mal der Reihe nach zu gestern:
 Der Tag fing schon gut an, in der früh rufe ich bei meiner Mutter an um
 zu klären wie das eben nun mit der Taufe so ablaufen soll (wer fährt und
 wo und wann man sich trifft). Da wäre sie schon beinahe in Tränen ausgebrochen.
 Es war nämlich nicht nur die Taufe von meinem Neffen, meine Schwester hatte
 am Freitag zusätzlich noch Geburtstag. Und offenbar ging es am Geburtstag
 sehr turbulent zu, zumindest aus der Sicht meiner Mutter. Grundproblem,
 die Familie meines Schwagers sind auch so gemütliche Familienmenschen. D.h.
 wenn da jemand Geburtstag hat, kommen die eben alle mal eben so vorbei, egal
 ob nun zu einer Geburtstagsparty eingeladen wurde oder nicht, man kuckt 
 einfach mal vorbei. In meiner Familie ist man da mit Besuchen sehr
 zurückhaltend. Man möchte ja nicht stören und gönnt den Leuten eher etwas
 Ruhe. Ich habe am Freitag bei meiner Schwester nicht mal angerufen, eben
 weil ich wusste das sie gerade sehr viel um die Ohren hat und schon öfter
 erlebt habe das es an Geburtstagen zu einem regelrechten Telefonterror
 kommen kann. Wenn man sich am Tag drauf eh sieht, kann ich ja dort
 gratulieren. Man erkennt aber schon die sehr unterschiedlichen Einstellungen
 in diesem Punkt.
 Jedenfalls war meine Mutter voll fertig mit den Nerven, sie war am Freitag –
 wie jeden Tag – bei meiner Schwester um bei der Versorgung der Kinder zu
 helfen. Wenn dann mehrere Dinge gleichzeitig ablaufen ist es meiner Mutter
 einfach zuviel. In dem Fall gab es wohl eine Räumaktion im Haus, dann
 ein Straßenfest, mehrere Kinder, die Verwandtschaft vom Schwager, dann noch
 der Hund von der Verwandtschaft und der Geburtstag von meiner Schwester.
 Das war dann wohl zuviel…
 Das drückt sich dann bei Mutter dadurch aus, das sie doch ziemlich heftige
 Kritik an der Verwandtschaft mir gegenüber übt. Ich sehe schon auch das es
 bei meiner Schwester teilweise sehr chaotisch zugeht. Aber ich versuche eben
 auch nicht alle Dinge zu bewerten. Mir ist einfach klar das man zu solchen
 Festen und deren ablauf extrem unterschiedliche Einstellungen haben kann.
 Da gibt es kein richtig oder falsch… 
 Die Taufe war schön und wurde richtig groß gefeiert. Es waren mehr als
 50 Leute und nach der Kirche ging es in ein gutes Restaurant zu einem
 Vier-Gänge-Menü mit allem drum und dran. Einer der Opas wollte das so haben
 und hat da wohl tief in die Tasche gegriffen.
 Das Essen war wirklich super, es waren viele Kinder da die umhertobten
 und man konnte mal kurz mit Leuten reden die man sonst nicht so oft
 trifft. Meine Schwester hatte mit meinem Neffen dann doch gut zu tun und
 stand viel alleine im Vorraum. Das tat mir dann doch etwas Leid, aber
 offenbar ist sie die Einzige die den Kleinen ruhig bekommt. Am Ende der
 Feier habe ich ihr geholfen Zeug ins Auto zu tragen, da hab ich schon
 gemerkt wie schlecht auch die Nerven bei meiner Schwester gerade sind.
 Die Frage ist für mich wie man sich in so einer Situation richtig verhält.
 Ich finde diese ständige Bewerterei schwierig, man kann eine Taufe eben
 so „groß“ feiern wie wir gestern, muss man aber nicht. Nur ist es da
 wirklich meine Aufgabe mich da als Kritiker hervorzutun? Kritik ist ja
 gut, aber eben nur wenn sie konstruktiv ist. Was genau würde man den mit
 Kritik positiv bewirken wollen? Deshalb versuche ich da eben deutlich stärker
 als meine Mutter mich etwas zurückzuhalten. Ich versuche zu helfen wo
 ich kann, aber ansonsten möchte ich eben nicht ständig bewerten… Weil
 es mir einfach nicht zusteht.
  
 
