Berateralltag – mein „told you so“-Karma

Hihi, ich hatte es ja schon geahnt. Waren die letzten Tage ziemlich ruhig, haben mich meine Kunden heute dafür umso mehr genervt. Wird demnach mal wieder Zeit über meine Kunden abzulästern und etwas aus meinem Berufsalltag zu erzählen *grins*. Als Vorinfo, inzwischen kann ich nur zu gut verstehen, dass rabi nicht mehr in der Bank arbeiten wollte. Ich komme immer mehr zu dem Schluss, jo, das hätte ich vermutlich genauso gemacht. Aber mal der Reihe nach.

Unternehmensberater oder Consultants haben nicht gerade den besten Ruf, meist verbindet man damit Dinge wie Raubtierkapitalismus und Stellenabbau. Ganz von der Hand zuweisen ist es nicht, den Leute wie ich kommen eben oft ins Spiel, wenn sich in Unternehmen größere Veränderungen abspielen. Wobei ich bin Technischer Berater, d.h. ich kenne mich mit bestimmten Systemen und Lösungen besonders gut aus. Mein Job besteht dann eigentlich nur darin, meinen Kunden zu zeigen wie man System X oder Y richtig einsetzt. Interessant daran, obwohl ich demnach nur mit Technik zu tun haben sollte, spielt die Technik selbst eine eher untergeordnete Rolle. (Ich vermute inzwischen habe ich alle Leser genug verwirrt *grins*).

Mein aktueller Kunde, eine schweizer Bank, hat letzten Freitag den Pilotbetrieb für ein System gestartet. Diesen Freitag war die Nachbesprechung für diesen Projektmeilenstein. Technisch hat der Start in diesen Pilotbetrieb ganz gut geklappt und die Punkte aus meiner Verantwortung waren perfekt. Richtig glücklich war trotzdem niemand, das Projekt hatte mehrere Monate Verspätung und war noch dazu „over Budget“, sprich es wurde deutlich teurer als angenommen. Das machte mich ziemlich säuerlich, den genau davor hatte ich vor Monaten mehrfach gewarnt.

Die Schwierigkeit bei diesen Projekten, es müssen immer viele Unternehmen und Personen mit komplett unterschiedlichem Fachwissen zusammenarbeiten. Bei diesem Projekt gibt es ein ziemliches Ungleichgewicht zwischen fachlichem und technischem Wissen. Das Kernteam des Projekts bestand fast ausschließlich aus Leuten mit Bank spezifischem Hintergrund. Ergebnis, das Projekt hat sich aus technischer Sicht immer für den Rolls-Royce entschieden. Für Leute wie mich zunächst ein gefundenes Fressen, bei so einer Ausgangslage kann man ordentlich Geld verdienen. Diese Einstellung wäre mir nur leider viel zu kurz gedacht und führt Projekte leider sehr oft in die Krise.

Was die Leute leider total unterschätzen, ist die Komplexität und letztendlich der Preis der für die Gesamtlösung zu bezahlen ist. Beispiel, ein System für die Verarbeitung von Zahlungen in einer Bank soll natürlich rund um die Uhr, 7 Tage die Woche laufen. Bedeutet dann aber auch, als Firma muss ich genug Leute einstellen und ausbilden lassen, damit dann rund um die Uhr auch ein Spezialist da wäre, der das System betreut. Im konkreten Fall, müsste mein Kunde ca. drei Mitarbeiter für jeweils 15 Tage auf Schulung schicken um zumindest mal das Basis-Know-How zu erwerben.

Jo klar, eigenes Personal ist teuer, wenn man sich aber konsequent für die komplexeste Lösung entscheidet, kommt man eben nicht umhin auch zusätzliche Leute einzustellen. Negativbeispiel wie man es, aus meiner Sicht, nicht machen sollte. Die IT-Abteilung des Kunden ist eh schon hoffnungslos überlastet, dies hab ich dem Kunden mit sehr mahnenden Worten monatelang immer wieder gesagt. Vor zwei Wochen gabs dann ein technisches Problem, was wohl das Fass zum überlaufen gebracht hat. Jedenfalls ist wegen dieses Problems ein Kleinkrieg zwischen zwei Abteilungen eskaliert, jo als Externer steht man da daneben und muss mit ansehen, wie sich die Leute quasi selbstzerfleischen.

Solche Kleinkriege erlebe ich oft, für mich ein Zeichen, dass die Kunden hoffnungslos überfordert sind. Ende vom Lied, der Gruppenleiter der IT-Abteilung hat ne offizielle Verwarnung erhalten. Noch so eine Sache und der Mann hat seine Kündigung in der Hand. Finde ich mehr als unschön, ich arbeite sehr ungern mit Leuten zusammen, denen man vorher die Pistole auf die Brust gesetzt hat. Ich hätte es besser gefunden, der Kunde hätte die Sache ernst genommen und sich gefragt, warum sind meine Mitarbeiter so überlastet und überfordert, was können wir dagegen machen. Hab ich dem Kunden so gesagt, mein Argument wurde aber nicht akzeptiert. Gegenargument: eine Führungskraft muss so einen Druck aushalten können. Klar, schon, aber mit der Einstellung wird es aus meiner Sicht schwierig dauerhaft gutes IT-Personal zu halten.

So nun bin ich aber schon im Erholungswochenende angekommen – bei Kerstin auf der Alp:
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