Da sein, oder Sex unterm Großen Wagen

Herrlich, ich habe diese Woche keine Kunden-Einsätze und bin endlich mal
daheim! Noch dazu ist das Wetter einfach prima und die Nächte erst! Wir
haben ja eine super Terrasse vor dem Haus. Wenn ich da Abends draussen
sitze denk ich mir jedes Mal, also im Sommer muss ich wirklich nicht mehr
in den Urlaub fahren, mir gefällt es zuhause am besten!

Sind wirklich traumhafte Abende, diese Woche hört man ganz leise das
Brummen der Mähdrescher im Hintergrund. Die fahren zur Zeit Tag und Nacht
bei uns. Im Vordergrund machen sich die Grillen rings um uns bemerkbar,
es zirpt wirklich überall. Wenn ich da Abends so sitze und leicht nach rechts
kucke seh ich den Großen Wagen am Himmel stehen und von links schiebt sich
so langsam der (fast) Vollmond hinterm Haus vor, einfach nur gigantisch, sowas
begeistert mich einfach.

Wir waren diese Woche jeden Abend auf der Terrasse und es gab immer irgendwelche
Kleinigkeiten an die ich mich noch Tage später erinnere. Am Montag hat um 21 Uhr
einer unserer Nachbarn seinen Rasentrimmer angemacht und ist damit mindestens ne
halbe Stunde durch seinen Garten geirrt. Manche Leute regen sich bei sowas ja
tierisch auf. Mich beruhigt sowas immer, ich denk dann so: „Yoa, das ist der
ultimative Beweis dafür, dass ich nicht der einzige Spinner in der Strasse bin!“.
Jedenfalls waren wir uns zum Schluss nicht mehr sicher was nun lauter war, der
Rasentrimmer oder mein Lachanfall. Inwieweit an meinem Lachanfall dann noch die
beiden – wirklich leckeren – Gläser mit italienischem Rotwein beteiligt waren
wissen „wir“ ebenfalls nicht.

Gestern war die Nacht dann so genial, hey und mit vier Teelichtern auf dem Tisch,
da müssen doch die Hormone verrückt spielen! Da mussten wir uns einfach nochmal
direkt auf der Terrasse vergnügen, das ging irgendwie schon garnicht mehr anders!
Es ist einfach so genial herrlich und irgendwie für mich etwas besonderes, wenn man
bei so einer Aktion die laue Sommerluft am nackten Hintern spüren kann… hätte ich
nie gedacht das das so genial sein kann, komm ich gerade nicht aus dem schwärmen raus.

Danach sass ich noch mindestens ne Stunde auf der Terrasse und hab spanischen Brandy
getrunken. Eigentlich ist es genau DAS wovon ich immer geträumt habe. Mehr kann man
doch eigentlich zum Glücklichsein garnicht bekommen. Ein Haus, Sicherheit, leckeres
Essen, eine Partnerschaft und zweimal am Tag Sex. Was muss es den noch mehr sein???
Weil genau das ist es doch schon… eines meiner Probleme ist vermutlich das ich
Probleme und Details zu sehr in den Vordergrund stelle… 100% sind es eben nie, aber
80% oder 90% sind doch schon extrem gut… Beim zweiten Glas Brandy hab ich dann
noch eine Sternschnuppe gesehen, wird aber nicht verraten was ich mir gewünscht hab.

Am Dienstag wäre ich dann noch fast ein paar Stufen unserer Haustreppe rückwärts nach
hinten gekippt. Wir werden irgendwie mit jedem Tag verrückter. Es gibt ja bestimmt
viele Verletzungen wo sich hinterher die Ärzte fragen, wie hat der Typ das nur geschafft.
Wie um alles in der Welt kann man rückwärts eine Treppe runterfliegen… tja, es gibt
nix was es nicht gibt.

Heute hab ich mich dann noch gefragt warum ich in meinem Tagebuch so unbedingt davon
schreiben muss was wir letzte Nacht auf unserer Terrasse so alles angestellt haben.
Hängt vielleicht ein bischen mit dem zusammen was „:- D“ im Eintrag
vom 31.07.2012 „Gott sieht Dich, Gott hört Dich, Gott mag Dich“ über „sein“ und „da sein“
schreibt. Es ist vielleicht eine Form von Selbstbestätigung, „wir sind noch da“,
„ich bin noch da“. Oder vielleicht „wieder da“. Ich hab manchmal so den Eindruck, für
viele Leute ist Sex etwas, darüber hat man als Teenager in der Bravo gelesen und dann
vielleicht noch vor Freunden angegeben. Aber spätestens mit Mitte Zwanzig wird man
vernünftig und spießig, da ist es dann nix neues mehr. Da kann man es dann ruhiger
angehen lassen, da muss man dann auch nix mehr davon öffentlich preisgeben.

Mein Sexleben ist jedenfalls mit 38 deutlich spannender und abwechslungsreicher als mit 18.
Jo, und die eine oder andere Inspiration entnehm ich ja anderen Tagebüchern… alleine
schon deshalb muss ich wohl drüber schreiben. Aber ich kenne diesen schleichenden Trend
zur „Spießigkeit“. Ich versuch da einfach mehr Abwechslung und Spontanität entgegenzusetzen.

Zum Thema Sex und wie Menschen das nach aussen tragen habe ich noch zwei interessante
Telepolis Artikel von Ayleen Saskia Habersfeld mit etwas gegenteiliger Meinung:

Wie geht’s dir, was kochst du, hast du es schon einmal anal probiert?
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37319/1.html

Oute dich im Sinne der Gemeinschaft
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37320/1.html