Meine persönliche Flüchtlingsangst und Hilfe

Inzwischen sind gibt es wohl alleine in Köln fast 900 Strafanzeigen wegen Übergriffen in der Silvesternacht. Da sind dann die Fälle in den anderen Städten noch garnicht mit dabei. Angst vor Kontrollverlust ist ein weiterer Schwachpunkt von mir, da trifft so ein „Ding“ leider
genau ins Schwarze. Diese Melange aus Fassungslosigkeit, Angst und Wut führt bei mir schon zu einigen Aggression und Nervosität. Gut, grosses Vertrauen in unseren Staat hatte ich noch nie. Aber ich sehe eben auch diese Asymmetrie, ich war im Juni auf einer Anti-G7-Demo. Soviel Polizei wie da, hab ich in meinem ganzen Leben vorher noch nicht gesehen! Ich war davor bei Stuttgart-21, Berlin, oder im Schanzenviertel von Hamburg wenns knallt. Und der gleiche Staat ist dann mit einer Silvesternacht überfordert? Aber der Polizei will ich keinen Vorwurf machen, inzwischen tun mir die Beamten Leid, ich glaube die schieben
inzwischen alle Berge von Überstunden vor sich her (G7, Flüchtlinge, Wohnungseinbrüche, Terrorwarnungen…).

Was mir ebenfalls Angst macht, sind die Orte an denen die Übergriffe stattgefunden haben. In den letzten zwei Jahren habe ich mich an all diesen Orten aufgehalten. Vor einigen Jahren war genau dort unser myTagebuch-Treffen in Köln. Bei meinem letzten Kölnbesuch hatte ich ein Hotel direkt am Hauptbahnhof. Der Schlossplatz in Stuttgart ->
check. Tja, Hamburg, am Vormittag war ich ja noch in St. Pauli und keine 24 Stunden davor, sogar genau an der Stelle in der Straße. Das hätten eben schon auch ich und „wir“ sein können.

Und wohlgemerkt, ich bin ja nun der Paranoiker / Kontrollfreak der schon nach den Anschlägen von Paris immer seinen fertig gepackten Fluchtrucksack in der Nähe hat. Das Thema treibt mich nun also schon seit Wochen um. Bezüglich Online-Nachrichten-Seiten halte ich mich weiterhin zurück. Fernsehen gibts bei uns schon lange nicht mehr. Aber trotzdem versuche ich natürlich weiterhin „informiert“ zu bleiben. Nur für mich ist das eben gerade keine Situation wo ich still sitzen kann und mir dann irgendwelche blöden Talkshows im Fernsehen ankucke. Nein, das ist definitiv eine Gesamtsituation in der ich einen eigenen persönlichen Aktionplan brauche.

Klar bin ich wütend, klar hab ich Angst und jo, ein paar „Vorurteile“ hab ich bestimmt. Gleichzeitig bin ich aber eher der klassische Planer und Stratege. Der Typ „Baseball-Schläger“ bin ich dann eben auch nicht. Ich hab nun mehrmals versucht, die Situation rational und logisch zu
betrachten und bin immer wieder bei der gleichen Idee gelandet. Mehr ist mir ehrlich gesagt bisher nicht eingefallen — ich bin sehr ratlos, das gibt es nicht oft.

Gut, die Ideen hatte ich nach den Anschlägen von Paris hier schon erwähnt. Und spätestens nach dieser nochmaligen Eskalation ist es eben nun dringend. Darum hatten wir ja letzte Woche ein Treffen mit einer Frau, die hier im Ort die Flüchtlingshilfe organisiert. Die fang meine Idee prima, deshalb machen wir da diesen Freitag Nägel mit Köpfen. Wir haben zwei Flüchtlinge zu uns zum gemeinsamen Kochen eingeladen. Wir sind beide schon sehr gespannt auf dieses Treffen. Wenn alles klappt, machen wir zusammen eine Gemüsepizza. Mir ist auch wichtig, dass wir dieses Treffen ganz bewusst bei uns daheim machen. Diese Leute leben da gerade in ihrem eigenen Mikrokosmos. So gibt es wenigstens eine kleine Chance zu sehen, wie wir leben und was für uns wichtig ist.

Mir ist natürlich klar, dass so ne Aktion nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist. Aber ich bin eben auch nicht Mutter Teresa von Deutschland. Sozialthemen gehören normalerweise nicht zu meinen Interessenschwerpunkten,
sonst hätte ich vermutlich Sozialpädagogik studiert. Gerade sehe ich nun, die Profis sind überfordert, dann muss eben der IT-Berater selber ran.

So schlecht qualifiziert bin ich dann vielleicht garnicht. Zumindest weiss ich wie es ist „Ausländer“ zu sein. Und beim Inder lasse ich mir, via WhatsApp, von meinem Kollegen aus Hyderabad Tipps geben…

P.S. falls hier jemand gedanklich über das Wort Gutmensch stolpern sollte. Das wäre dann eher eine Verwechslung von Dirty Harry mit Mutter Teresa.